Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die weitere Nutzung erklären Sie sich damit einverstanden. Mehr Informationen  
DVDrome - das Blu-Ray und DVD Online-Magazin

REVIEWS



Geisterzug, Der   

Geisterzug, Der
    
Original: Der Geisterzug   (Deutschland, 1957)
Laufzeit: ca. 60 Min. (PAL)
Studio: Pidax / S.A.D. Home Entertainment
Regie: Rainer Wolffhardt
Darsteller: Günther Neutze, Hans Walter Clasen, Isolde Bräuner, Sonja Sutter
Format: 1,33:1 (Vollbild)
Ton: DD 2.0 (Dual mono)
Untertitel: --
Extras: --
Preis: ca. 10 Euro
Wertung: 4 / 3 / 6 (Bild/Ton/Extras)


"Früher war auch nicht alles besser!"

Peitschender Regen, ein Bahnhof im Nirgendwo, sechs gestrandete Passagiere ohne Anschluss und ein Mythos: Vor 20 Jahren ereignete sich unweit des Bahnhofs ein Unglück. Nie fuhr ein Nachtzug diese Strecke. Bis auf jene eine Nacht. Unplanmäßig. Telefonisch bekam der Stellwerksleiter die Order, für die Überfahrt eine Drehbrücke in Position zu bringen, die für gewöhnlich in einer anderen Stellung verblieb. Bevor der Stellwerksleiter die Order ausführen konnte, bekam er einen Herzinfarkt und verstarb. Doch als der Zug auf die Brücke zudonnerte, überkam den Lokführer ein seltsames Gefühl – das Unglück verhindern konnte er nicht. Sechs Menschen starben. Der Lokführer aber überlebte unverletzt, vom Unglück gezeichnet verlor er jedoch den Verstand und rannte wild brüllend dem Bahnhof entgegen – und starb am folgenden Tag. Einfach so.
Ist es eine Geistergeschichte, die der Bahnhofsvorsteher den sechs gestrandeten Passagieren erzählt? Eines ist klar: Der Mann hat Angst und er will die Nacht nicht am Bahnhof verbringen, ist doch erst vor wenigen Wochen ein Landstreicher auf geheimnisvolle Weise ums Leben gekommen. Die Geschichte wird wirklich unheimlich, als der Vorsteher tot im Stellwerk liegt...

„Der Geisterzug“, nach einem Theaterstück von Arnold Ridley, ist x-fach verfilmt worden. Allein dreimal in Deutschland: 1927, 1957 und 1963. Dazu kommen noch niederländische, britische, skandinavische Verfilmungen. Dies ist die Verfilmung aus dem Jahr 1957 – als Fernsehspiel. Und so darf man als Zuschauer die Qualität der Verfilmung nicht aus der Perspektive des Filmjunkies der Gegenwart betrachten. Wer das macht, sollte diese DVD direkt im Regal stehen lassen, denn aus dieser Perspektive betrachtet kann „Der Geisterzug“ nur verlieren. Allerdings werden auch Freunde klassischer TV-Kost nicht vor Begeisterung aus ihren Ohrensesseln rutschen. Doch alles der Reihe nach.

Von wenigen Szenen abgesehen spielt sich die gesamte Handlung im Warteraum des Bahnhofs ab. Menschen reden miteinander, die Herkunft der Vorlage vom Theater lässt sich nicht verhehlen. In vielen Belangen wirkt „Der Geisterzug“ wie ein abgefilmtes Theaterstück. Dabei gelingt es Regisseur Rainer Wolffhardt allerdings über weite Strecken, tatsächlich eine unheimliche Atmosphäre zu erzeugen. Knirschende Bretter am Bahnsteig, ein Geist (?), der offenbar vor dem Wartesaal sein Unwesen treibt, eine junge Frau, die plötzlich auftaucht und dem Wahnsinn verfallen scheint – nur dass sie offenbar tatsächlich Dinge sieht, die den anderen verborgen bleiben. Das alles ist ganz spannend anzuschauen, bis....

... die Geschichte einen recht derben Handlungsschwenk vollführt. Ohne zu viel zu verraten: Der Gruselthriller zieht mir nichts dir nichts ein kriminalistisches Kaninchen aus dem Hut, das so plötzlich auf der Bildfläche erscheint, dass man sich die Frage stellt, ob man irgend etwas zuvor verpasst hat.
Hat man nicht. Ohne auch nur einen einzigen Hinweis, ohne dass es wirklich Sinn ergeben will, vollzieht der Film einen knüppelharten Genrewechsel, der die Spannung stante pede verpuffen lässt.
Schaut man sich einmal die Handlung des Theaterstückes an, so kann man den deutschen Fernsehmachern von 1957 keinen Vorwurf bezüglich der reinen Spielhandlung machen. Die Handlung der deutschen Verfilmung entspricht der Handlung des Theaterstücks. Inklusive seines überraschend konventionellen Endes. Welchen Vorwurf man den deutschen Fernsehmachern jedoch machen muss: Während sie sich in Bezug auf die Handlung recht eng an die Vorlage halten, wechseln sie das Genre. Versucht sich die deutsche Verfilmung als Mysterythriller, ist die Vorlage ein Mysterythriller mit komödiantischen Einlagen. Über die Komödie gelingt denn auch der Genrewechsel.
Die Auslassung des Humors bricht der TV-Verfilmung das Genick.

Zum Vergleich sei die britische Verfilmung des Jahres 1941 hier erwähnt, zu der Val Guest („The Quatermass Xperiment“, „Quatermass 2“, „Der Tag, an dem die Erde Feuer fing“) das Drehbuch beisteuerte. Die britische Verfilmung ist – obwohl 20 Minuten länger als die deutsche Verfilmung von 1957 – viel kurzweiliger in der Inszenierung, die Figuren sind lebendiger, die gesamte Mysteryatmosphäre wird humorvoll aufgearbeitet. Auch das Ende wird intelligenter vorbereitet, indem es in einen zeithistorischen Kontext gestellt wird. Wer den Vergleich wagen möchte: „The Ghost Train“ aus dem Jahre 1941 ist in der britischen Originalfassung gemeinfrei und steht in verschiedenen Onlinearchiven zum Anschauen bereit.

BILD

Geisterzug, Der

Das Bild ist schlecht. Auch in diesem Fall sei allerdings darauf hingewiesen, dass es sich um eine TV-Produktion aus dem Jahre 1957 handelt, auch wenn es nicht uninteressant wäre zu erfahren, auf welchem Material seinerzeit gedreht worden ist. Auf jeden Fall gibt es das volle Programm an Problemem: Je dunkler das Bild (oder Bildausschnitte), desto größer die Blockbildung. Schnelle Bewegungen hinterlassen kurzzeitige Schatten. Auch Laufstreifen zeigen sich von Zeit zu Zeit (besonders gerne im linken Randbereich). Bei Schwenks kommt es darüber hinaus oftmals zu Unschärfen. Überhaupt wirkt das Bild eher blass, oft legt sich ein milchig-grauer Schleier über die Szenerie. Immerhin ist das Bild nicht zu grobkörnig.

TON

Geisterzug, Der

Fernsehspiel 1957! Die Protzboxen dürfen ausgeschaltet werden, im Vergleich zum Bild ist der Ton allerdings nicht weiter zu bemängeln. Es ist davon auszugehen, dass der Ton weitestgehend am Set aufgenommen worden ist. Dafür ist er vergleichsweise klar. Natürlich lässt sich ein gewisses Rauschen nicht vermeiden, das aber lässt sich leicht ignorieren.


EXTRAS

Da gibt es nichts.

FAZIT

Sicherlich werden TV-Nostalgiker einen Blick riskieren dürfen, kommt man doch recht selten in den Genuss solcher in die Jahre gekommener Fernsehspiele. Jenseits dieses historischen Interesses aber bleibt "Der Geisterzug" ein Film, der Erwartungen, die er zeitweise weckt, in keiner Form erfüllen kann.



Christian Lukas