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REVIEWS



Unknown Identity   

Unknown Identity
    
Original: Unknown Identity (a.k.a Unknown)   (Deutschland, USA, Frankreich, 2010)
Laufzeit: ca. 110 Min. (PAL)
Studio: Studiocanal
Regie: Jaume Collet-Serra
Darsteller: Liam Neeson, Diane Kruger, Bruno Ganz, January Jones, Aidan Quinn
Format: 2.35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Making of, Interviews, Kommentar
Preis: ca. 15 Euro
Wertung: 1 / 2 / 2- (Bild/Ton/Extras)


"Wer braucht schon Logik?"

Logik wird überschätzt. Nehmen wir einen Film wie "Unknown Identity". Ein Mann fällt ins Koma und als er aufwacht, da behauptet ein anderer Mann er sei er. Und nicht nur das: Seine bildschöne Frau ist auch noch mit diesem Fremden verheiratet. So ein Erlebnis kann einem schon mal den Tag verderben. Doch der Mann, den es nicht gibt, der glaubt ein angesehener Wissenschaftler zu sein. Was tun? Nun, logisch wäre es im Jahr 2011, erst einmal Dr. Google zu befragen. Und dann nicht nur das erste Suchergebnis anzuschauen, sondern vielleicht auch ein paar Sucherergebnisse auf den Seiten 3, 4 oder 23. Und bitte nicht die Bildergebnisse vergessen. In der freien Welt des Internets ist es heute gar nicht mehr so einfach, falsche Bilder in den Umlauf zu bringen. Oder Bilder einfach verschwinden zu lassen. Das geht vielleicht in geschlossenen Systemen, aber eben nicht in der Welt des WorldWideWebs.

Also, liebe Filmfreunde: Manchmal sollte man einfach nicht zuviel denken. Das macht eh nur Falten. Statt dessen nimmt man sich ein leckeres Kaltgetränk, dazu stellt man ein Schälchen mit Nüsschen (Chips, Käsewürfen, je nach Geschmack) - und freut sich einfach auf rund zwei Stunden Spannung.

Liam Neeson ist Dr. Martin Harris. Mit seiner Frau (January Jones) fliegt er zu einem Kongress nach Berlin. Doch als er ins Hotel Adlon eincheckt muss er feststellen seinen Koffer am Flughafen vergessen zu haben. Er nimmt stante pede ein Taxi, doch das hat auf dem Weg nach Tegel einen schweren Unfall. Zwar wird Harris von der Taxifahrerin Gina (Diane Kruger) gerettet, sein Herz aber bleibt für einige Minuten stehen.

Szenenwechsel: Vier Tage nach dem Unfall erwacht Dr. Harris in einem Berliner Krankenhaus. Nur bruchstückhaft kann er sich an den Unfall erinnern. Seltsam erscheint ihm vor allem aber eines: Warum sitzt seine Frau nicht an seinem Bett? Gegen den Rat des Arztes verlässt er das Krankenhaus - nur um festzustellen, dass seine Frau ihn nicht kennt und ein anderer Mann behauptet Dr. Harris zu sein. Harris glaubt den Verstand zu verlieren - und kehrt ins Krankenhaus zurück. Damit könnte die Geschichte enden, denn Harris glaubt tatsächlich, er sei verrückt geworden. Ein Killer aber, der es auf ihn abgesehen hat - belehrt ihn eines Besseren.

"Unknown Identity" von Jaume Collet-Serra macht einfach Spaß. Liam Neeson trägt den Film über seine Logiklöcher, Diane Kruger gibt die (unfreiwillig) taffe Taxifahrerin, die als einzige Dr. Harris' aberwitzige Geschichte glaubt; ein Knüller aber ist Bruno Ganz in der Rolle eines ehemaligen Stasi-Offiziers, der nicht nur voller Stolz auf seine Vergangenheit blickt, sondern in diesem Film zu den Guten gehört! Solch eine Figur zu kreieren, dazu gehört Mut, denn eine falsche Geste, eine falsche Dialogzeile - und man wird als Regisseur für die Inszenierung geschlachtet. Kein Wunder, dass es eines Spaniers auf dem Regiestuhl bedurfte, der eine solche Figur in einem Film auf die Zuschauer loslässt - einem Film, der tatsächlich von Anfang bis Ende in Berlin spielt und beweist, dass die Hauptstadt das Potenzial als Kulisse für einen geilen Thriller jenseits deutscher TV-Tristesse besitzt.

"Unknown Identity" bietet Action, Spannung, Tempo, gute Schauspieler und vor allem - ganz nebenbei - eine wirklich gelungene Auflösung. Dass die Logik nicht immer mitspielt - ist geschenkt. Innerhalb ihres eigenen kleines Kosmos ist die Produktion schlüssig / plausibel. Darauf kommt es an.

BILD

Unknown Identity

Bei einer Hochglanzproduktion wie dieser kann man sich eigentlich einen Kommentar sparen. Glaubt wirklich jemand, ein Verleiher wie Studiocanal (ehem. Kinowelt HE) bringt eine DVD wie diese auf den Markt, die Nachtsequenzen bietet, deren Schwarzwerte wie Legoblöcke über den Bildschirm huschen? Natürlich findet das Auge des Erbenszählers in jedem Film Kleinigkeiten, die man hätte besser machen können. Dass sich diese Kritik nicht automatisch auf den Ton übertragen lässt, ist eine andere Geschichte. In Bezug auf die Tonabmischung neigen Techniker leider oft dazu davon auszugehen, dass heutzutage in jedem Haushalt eine fette Tonanlage steht, die auch das leiseste Flohhusten zum Klangerlebnis machen kann. Der Ton wird dann in einer Weise ziseliert, dass herkömmliche TV-Geräte oft nur einen Klangbrei zustande bringen, da die Fernsehboxen gar nicht in der Lage sind, den Ton enwandfrei zu präsentieren. Und natürlich gibt es hier und da auch Top-Filme, deren Bild den Zuschauer verzweifeln lässt. Man denke an "Alien vs. Predator 2", der nicht nur in einer unnatürlichen Dunkelheit spielt, sondern diese Dunkelheit in einer Weise auf den Bildschirm projiziert, dass man als Zuschauer rund 100 Minuten Dunkelheit zu sehen bekommt. Das macht tatsächlich keinen Spaß. Spaß hingegen macht "Unknown Identity". Ein leichter Blauschleier legt sich hier über die Bilder, was sehr schön zur winterlichen Atmosphöre passt. So wurde der Film im Winter in Berlin gedreht, was dazu führt, dass die Stadt grau und trist wirkt, was wunderbar zum Seelenzustand der Hauptfigur passt, die schließlich ihrerseits feststellen muss, dass ihr Leben nicht das Leben ist, an das sie sich erinnert.

TON

Unknown Identity

Der Sound klingt gut und klar, zwischen der englischen und deutschen Tonspur gibt es technisch betrachtet keine Unterschiede; ganz amüsant ist es dennoch die Originaltonspur zu hören, mit all den verschiedenen Akzenten der deutschsprachigen Darsteller, die von leicht (Sebastian Koch in der Rolle eines etwas nerdigen, aber sympathischen Wissenschaftlers) bis hin zu Bruno Ganz' "Englischdeutsch" reicht, einem Akzent, der jeden Anglisten Tränen in die Augen treibt (aber absolut zur Figur passt).

EXTRAS

Eine ganze Reihe von (Werbe-)Interviews gehören zu diesen Extras, wobei jenes mit Sebastian Koch direkt für den deutschen Markt geführt wurde, während Diane Kruger doppelt vertreten ist (einmal auf Deutsch, einmal auf Englisch für die internationale DVD). Das alles ist nett anzuhören, bietet aber keine aufregende Neubetrachtung des Geschehens auf der Leinwand. Interessanter ist da das Interview mit dem Regisseur.

Das Making of bietet einen recht umfangreichen Blick hinter die Kulissen, interessant wäre es gewesen, etwas über die Finanzierung zu erfahren. "Unknown Identity" ist typisches Hollywoodkino - ohne Hollywood zu sein. Mit einer internationalen Cast, einem deutschen Drehort, einem französischen Studio im Rücken, einem Spanier auf dem Regiestuhl. Viele solcher Euro-Produktionen sind gescheitert (vor allem Ende des letzten, Anfang dieses Jahrzehnts, als gerne auch deutsche Filmfonds in solche Projekte involviert waren und am Ende cineastische Katastrophen wie "A Sound of Thunder" das Licht der Leinwand erblickten).

Nein, "Unknown Identity" ist ein internationaler Thriller im besten Sinne des Wortes.

FAZIT

Wer bereit ist, Logik Logik sein zu lassen und sich einfach knapp zwei Stunden gut unterhalten will, dem sei zum Griff ins DVD-Regal geraten.



Christian Lukas