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REVIEWS



Ein Zug für zwei Halunken   

Ein Zug für zwei Halunken
    
Original: Emperer of the North   (USA, 1973)
Laufzeit: ca. 116 Min. (PAL)
Studio: Koch Media
Regie: Robert Aldrich
Darsteller: Lee Marvin, Ernest Borgnine, Keith Carradine, Charles Tyner u.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Kommentar, Making of, Trailer, Bildergalerie u.m.
Preis: ca. 15 €
Wertung: 3 / 3-/ 2 (Bild/Ton/Extras)


"Zug-Zwang"

Pompös fährt ein schnaufendes Dampfross durch die wilde Natur von Oregon. Zwischen zwei Wagons mampft friedlich ein Tramp, der auf den Zug aufgesprungen ist, die Trümmer seiner letzten Mahlzeit in sich hinein. Unvermittelt und ohne Vorwarnung bekommt er einen Schlag mit einem Hammer ins Genick und fällt zwischen die tödlich zischenden und ratternden Räder des Zugs. Mit einem schmierigen Grinsen beobachtet der Hammerbesitzer, der brutale Zugführer Shack (Ernest Borgnine wurde hier erfolgreich völlig gegen den Strich besetzt), wie der "Schwarzfahrer" unter die Räder kommt und schließlich zermatscht auf den Gleisen liegen bleibt.
Wuchtig hämmert einem Regisseur Robert Aldrich seine knallharte Welt gleich zu Beginn von "Ein Zug für zwei Halunken" um die Ohren. Das Jahr ist 1933 und Tramps wie Landstreicher benutzen illegal die Güterzüge als kostenlose Transportmittel, um möglicherweise wieder an einen Ort zu gelangen, der neue Arbeit und ein besseres Leben verspricht. Doch das Leben als Tramp ist gefährlich. Besonders für den Anti-Helden dieser illustren Subkultur: Ass-Nr.1 (Lee Marvin) hat sich in den Kopf gesetzt, den berüchtigten Zug Nr.19 von Shack bis nach Portland zu fahren. Im Dunstkreis der Eisenbahner und Tramps bricht ein sportlicher Freudentaumel aus: Wird Ass Nr.1 wirklich den berüchtigten Shack kleinkriegen? Nur zu dumm, dass sich ausgerechnet jetzt der aufdringliche Nachwuchs-Tramp Cigaret (Keith Carradine) an die Fersen von Ass Nr.1 heftet, um sich eine Scheibe des Ruhms abschneiden zu können. Der Kampf um die Fahrt auf dem Zug wird schließlich zu einer Herausforderung, von der keiner der Männer zurücktreten kann und die schmerzhafte Opfer fordern wird.
Robert Aldrich schildert in "Ein Zug für zwei Halunken" eine abgerissene Männer-Gesellschaft, die sich radikal ihren Weg mit den Trümmern und dreckigen Maschinen der Zivilisation des frühen 20.Jahrhunderts durch die Natur bahnt. Gleichzeitig versucht er eine Parabel auf die in den 70-ern herrschende Umbruchstimmung zu schaffen: der Kampf gegen ein ruchloses Establishment, hier durch Shack repräsentiert, wird von einem Generationskonflikt überschattet, den Aldrich von Ass Nr.1 und Cigaret ausfechten lässt. Stilistisch lässt er seinen Film dabei oftmals die Kinomittel und -motive des frühen (Stummfilm-)Kinos zitieren. Von leichten Slapstick Einlagen bis zur klassischen Hühnerdieb-Verfolgung durch einen bulligen irischen Polizisten, darf in dem ansonsten eher dreckigen Setting öfter mal geschmunzelt werden. Atemberaubend bleiben aber die zahlreichen Actionszenen, die komplett vor Ort mit einem richtigen Zug in Fahrt gedreht wurden. Wenn Marvin und Carradine unter dem Zug und zwischen den mit Schmackes ratternden Rädern sitzen, stockt einem immer noch der Atem. Auch wenn alte Regie-Haudegen wie Tony Scott versuchen, mit Hochglanz-Unterhaltungsware wie "Unstoppable" an diese glorreichen Zeiten anzuknüpfen, Filme wie "Ein Zug für zwei Halunken" werden einfach nicht mehr gemacht. Ein Glück, dass dieser nun auf DVD erstmals erhältlich ist.

BILD

Ein Zug für zwei Halunken

Der anamorphe Transfer (1.85:1) basiert auf einer soliden Vorlage, die allerdings ihr Alter nicht verstecken kann. Bildpunkte und auch kleinere Verunreinigungen tauchen hier schon mal im Bild auf. Aufgrund des Ausgangsmaterials sind Schärfe und Kontrast auch nicht immer optimal und haben besonders bei größeren Panaroma-Aufnahmen oder einigen Einstellungen am fahrenden Zug mal mit Filmkorn und ein wenig Rauschen zu kämpfen. Die Farben sind größtenteils kräftig, aber wirken in einigen Szenen auch mal etwas verbrauchter. Der Schwarzlevel reißt hier keine Bäume aus, aber bleibt solide, ohne zu sehr ins Milchige abzurutschen. Die Kompression bleibt größtenteils unsichtbar, wenngleich sich minimale Rauschmuster im Hintergrund erkennen lassen. Noch Befriedigend.

TON

Ein Zug für zwei Halunken

Der originale Monoton wurde in ein sauberes DD2.0 Format konvertiert und liefert eine angenehme Soundkulisse, die natürlich keine Surroundaktivität im eigentlichen Sinnne aufweisen kann. Der Track wurde aber sehr gut entrauscht und besitzt eine ordentliche Dynamik, die auch die deutsche Synchronisation sehr gut zur Geltung bringt. Störende Überlappungen oder Tonausfälle konnten nicht festgestellt werden. Ein grundsolider Monotrack.

EXTRAS

Den Film begleitet ein laufender Audiokommentar mit dem Filmwissenschaftler Prof. Dana Polan, der als Experte in Sachen Robert Aldrich mit viel Insiderwissen auftrumpfen kann. Dennoch handelt es sich bei dem Kommentar eher um eine filmwissenschaftliche Analyse. Polan erläutert die Themen und Motive des Films und setzt sie in einen (film)geschichtlichen Kontext, der dem Film eine höchst interessante, zusätzliche Ebene verleiht. Wer allerdings filmtechnische Kniffe oder viele HIntergrundgeschichten erwartet, dürfte enttäuscht werden. Hier wird sich intellektuell mit Aldrichs Film auseinandergesetzt. Nicht mehr und auch nicht weniger.
Zusätzlich gibt es auf der Scheibe eine drollige Rarität aus alten Studiotagen: lange bevor es reguläre "Making ofs" gab, machten Studios für die interne Promotion kleine PR-Filme über aktuell laufende Produktionen. So etwas gibt es auch für "Ein Zug für zwei Halunken": in sieben Minuten erleben wir Ernest Borgnine, Robert Aldrich und Lee Marvin am Set und sehen die Dreharbeiten am Zug. Eine sehr schöne Dreingabe.
Bei den Extras befinden sich auch noch verschiedene Trailer zum Film sowie eine Bildergalerie mit Werbematerial. Die DVD enthält zudem ein sehr informatives Booklet, das noch ein paar zusätzliche Informationen liefert.

FAZIT

"Ein Zug für zwei Halunken" ist ein später Klassiker eines fast ausgestorbenen Genres - dem Männerfilm. Wo harte Kerle echte Kotzbrocken oder eben taffe Schurken sein durften, nimmt sich der Film dem seltenen Tramp-Motiv der großen Depressionszeit in den USA großartig an. Die DVD von Koch Media reißt qualitativ keine Bäume aus, aber bringt den Film in Deutschland endlich wieder unter Dampf. Dazu gibt's sogar einen Kommentar und ein rares "Making of". Also abfahren und einkaufen!



Kay Pinno