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REVIEWS



Die Welt in 10 Millionen Jahren   (BLU-RAY)

Die Welt in 10 Millionen Jahren
    
Original: Wizards   (USA, 1977)
Laufzeit: 80 Min. (1080p)
Studio: Koch Media
Regie: Ralph Bakshi
Darsteller: Bob Holt, Jesse Welles, Richard Romanus, Steve Graves, Mark Hamill u.m.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS-HD-MA 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Kommentar, Ralph Bakshi Dokumentation, Bildergalerie,Trailer
Preis: ca. 17 €
Wertung: 3+/ 3 / 2+ (Bild/Ton/Extras)


"Fantasy vs. Faschismus"

Nachdem Ralph Bakshi bereits mit "Fritz the Cat" und "Heavy Traffic" das Animationskino in den 70-er Jahren als Pioneer der "erwachsenen" Comic-Unterhaltung eroberte, waren auch die verzweifelt nach neuer Unterhaltungsware für die junge Generation Ausschau haltenden Hollywoodstudios auf ihn aufmerksam geworden. Fantasy, genau wie Science Fiction, gab es für die kommerzielle Auswertung bei den Studios überhaupt nicht. Da man sich aber auf der sicheren Seite wähnte und dem Projekt auch nicht zu viel Geld zuschoss, ließ man Bakshi freie Hand. Als einzige Auflage hatte er den Hinweis auf eine familientaugliche Auswertung des Films bekommen. Herausgekommen ist dabei - wie Bakshi ihn selbstz bezeichnet - sein "einziger Familienfilm". Allerdings handelt es sich um einen Familienfilm mit entsprechender Bakshi-Ausprägung: es geht tatsächlich nicht nur um märchenhafte Motive, sondern um einen bedachten Kommentar, der auch kleineren Zuschauern einen ehrlichen wie ernsthaften Blick auf die Dinge ermöglicht. Das ist ein Prinzip, das prominente Animationsgenies wie Hayao Miyazaki ebenfalls verinnerlicht haben, und dafür zu Recht mit zahlreichen Preisen überschüttet wurden.
Bakshis "Die Welt in 10 Millionen Jahren" schildert eine apokalyptische Zukunftsvision: die Menschheit hat sich nach endlosen Kriegen endgültig in die Luft gejägt. Die Welt erholt sich nur langsam von der Zerstörung und Verseuchung. Im Land Montagar erwachen nach Jahrhunderten wieder die alten Mächte der Phantasie: Feen, Elfen, Magier und andere Geschöpfe erblicken wieder das Licht der Welt, während sich im Land Scortch die verseuchten Mutanten zusammenrotten. Unter der Fuchtel ihres gnadenlosen Anführers Blackwolf soll zum Angriff gegen das friedliche Montagar geblasen werden. Dafür lässt der schwarze Magier die tödlichen Artefakte ausgraben, die schon einmal die totale Vernichtung über den Planeten gebracht haben: Panzer, Kampfbomber und Nazipropaganda bewirken im Kampf gegen die überraschten Elfen böse Wunder. Montagars einizige Hoffung ruht auf dem alten Magier Avatar, der sich zusammen mit den Elfen Eleonore und Weehawk auf den Weg nach Scortch macht, um seinen bösen Bruder Blackwolf aufzuhalten.
Was Tolkien nur ansatzweise in seinem "Herr der Ringe" verarbeitete, bringt Ralph Bakshi auf ein völlig neues Niveau. Der alte Kampf zwischen Gut und Böse wird hier im Kampf zwischen dem Zeitalter der Phantasie und dem Zeitalter der Maschinen durchexerziert. Fleißig schießt Bakshi dabei selbst aus allen Rohren, um jeden und alles in diesem Konflikt eins auszuwischen: Politik, Propaganda, Kirche, Religion, Kriegstreiber, Rassismus - alle bekommen ihr Fett ab. Eine der bitterbösesten und zugleich lustigsten Szenen trägt sich dabei in einer Art Tempel zu, in der die etwas unterbelichteten Mannen von Blackwolf es mit zwei Priestern zu tun bekommen. Die blauäugige Ahnuhngslosigkeit der Pfaffen in Verbindung mit dem krampfhaften Durchexerzieren von Riten zur Gottesanflehung ist schreiend komisch, wenngleich die tragische Konsequenz für alle Beteiligten im Tod gipfelt.
Auch die Fassungslosigkeit der Feen und Elfen gegenüber der von Blackwolf ausgegrabenen Grausamkeiten des 20. Jahrhunderts ist immer noch herzzerreißend. Einer derartigen Böshaftigkeit, Niedertracht und Zerstörungswut haben selbst die Mächte der Phantasie nichts mehr entgegen zu setzen. Doch die Hoffung bleibt bestehen: Bakshi zeigt anhand seiner an sich selbst zweifelnden Hauptfigur Avatar, dass man sich auch gegen Verlust und unmögliche Chancen durchsetzen kann, wenn man nur den richtigen Mut aufbringt, um gegen solche Unterdrücker wie Blackwolf vorzugehen.
"Die Welt in zehn Millionen Jahren" bleibt ein zeitloser Klassiker, der dank der großartigen Blu-Ray von Koch Media endlich ein größeres Publikum wieder entdecken darf.

BILD

Die Welt in 10 Millionen Jahren

Dass man die Filme von Ralph Bakshi sicherlich nicht in einer elaboraten Qualität wie aus dem Hause Disney erwarten kann und auch nicht sollte, liegt schon in der zumeist kruden Materie begründet. "Die Welt in 10 Millionen Jahren" bildet da keine Ausnahme. Trotzdem zeigt der anamorphe Widescreentransfer (1.85:1) seine gesamte Schönheit in seiner filmähnlichen Präsentation. Die Vorlage ist sogar in erstaunlich gutem Zustand. Klassische Altersspuren wie Laufstreifen, Dreckspuren oder Bildpunkte sind auf ein anständiges Minimum reduziert. Dennoch zeigt das Filmmaterial seine Herkunft: oft ist die Körnung sichtbar und einige Aufnahmen wirken dadurch sehr Filmprint-mäßig. Auch die Schwächen des originalen Materials treten stärker hervor. Gerade in Wideshots kommt es mal zu eher schwammigeren Bildern. Die Farben sind jedoch durchgängig kräftig und liefern die richtige düstere Stimmung für den Film. Gerade die zahlreiche skurrilen Rotoskope-Effekte kommen hier sehr gut zur Geltung. Der Schwarzlevel ist dazu ordentlich tief und lässt das Bild nicht absaufen. Die Kompression bleibt sauber. Artefakte oder Hintergrundrauschen tritt nicht auf. Ein erstaunlicher Transfer, der seine Filmherkunft beibehält, ohne den Filmgenuss zu stören.

TON

Die Welt in 10 Millionen Jahren

Der DTS-HD-MA 2.0 Soundtrack reißt natürlich keine Bäume aus. Große Surroundaktivität ist hier nicht zu erwarten. Dennoch lässt der Track die einprägsame Musik, besonders in den Schlachtenszenen, in der Soundstage die Oberhand. Die Dialoge sind klanglich sauber und klar verständlich. Per Upmix über den eigenen Receiver lässt sich der Track auch gut in einem Mehrkanal-Stereo-Format anhören. Solide.

EXTRAS

Als wenn Bakshis großartiger in HD nicht schon Bonus genug wäre, spendiert Koch Media zusätzlich einen laufenden Audiokommentar mit dem Regisseur. Bakshi spricht sehr offen über die Entwicklung des Projekts und welchen legendären Weg es gegangen ist. Zudem verrät er zahlreiche Insider-Geheimnisse zum Thema Animation. Hier dividiert er auch mal auseinander, welche Künstler (u.a. Mike Ploog) an welchen Teilen des Films gearbeitet haben. Auch zum Inhalt nimmt Bakshi ordentlichen Bezug und erläutert auch interessante Kleinigkeiten, die einigen Zuschauern sicher erst beim mehrfachen Sichten des Films aufgefallen wären. Ein großartiger, informativer wie unterhaltsamer Track, der als Ergänzung zum Film absolutes Pflichtprogramm ist.
Weiterhin gibt es die 35-minütige Dokumentation "Ralph Bakshi: Wizard of Animation zu sehen" zu sehen. Hier plaudert nicht nur Bakshi selbst über den Beginn seiner Karriere im Animationsbereich. Sein Werdegang vom Animationsgehilfen bis zum Chef seines eigenen Studios, das er selbst beinahe wieder hätte aufgeben müssen, wird ein höchst interessanter Blick hinter die Kulissen des amerikanischen Animationsgeschäfts jenseits von Disney geworfen.
Drei Trailer in unterschiedlicher Qualität und eine Bildergalerie beschließen die Extras auf der Scheibe.
Lobend erwähnt werden muss auch das 24-seitige Booklet, das tatsächlich sehr gut recherchierte Informationen zu Ralph Bakshi, der Entstehung von "Die Welt in 10 Millionen Jahren" und dem technischen Aspekt der Rotoskopie enthält. Eine echte Ausnahmeerscheinung.

FAZIT

Ralph Bakshis Sprung vom erfolgreichen Independent-Filmer zum (kurzzeitigen) Liebling großer Hollywoodstudios gelang mit "Die Welt in 10 Millionen Jahren". Seit Ewigkeiten nur als Bootleg oder schlechte Videokopie erhältlich, konnte Koch Media sich die Rechte, die ursprünglich bei Fox lagen, sichern, um diese wundervolle Blu-Ray zu veröffentlichen. Nicht nur für Animationsfans ist diese Scheibe Pflicht: zeitlos schön erschreckend wie mitreißend kann Bakshis Mär vom klassischen Kampf zwischen Gut und Böse immer noch begeistern. Die Blu-Ray lässt dabei qualitativ echtes Kinofeeling aufkommen. Danke Koch Media!



Kay Pinno