Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die weitere Nutzung erklären Sie sich damit einverstanden. Mehr Informationen  
DVDrome - das Blu-Ray und DVD Online-Magazin

REVIEWS



Schlag 12 in London   

Schlag 12 in London
    
Original: The Two Faces of Dr. Jekyll   (GB, 1960)
Laufzeit: 85 Minuten (PAL)
Studio: Sony Pictures
Regie: Terence Fisher
Darsteller: Paul Massie, Dawn Addams, Christopher Lee, David Kossoff u.v.a.
Format: 2.35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD-Mono Deutsch, Englisch, Spa, Fr, It
Untertitel: Arabisch, Deutsch, Dänisch, Englisch, Englisch für Hörgeschädigte, Finnisch, Französisch, Griechisch
Extras: Trailer
Preis: ca. 8 €
Wertung: 1-/ 4+/ 4- (Bild/Ton/Extras)


"Da kommt Freud(e) auf!"

Der Horror-Veteran der englischen Hammer-Studios Terence Fisher nimmt sich mit "Schlag 12 in London" der bekannten Figur von Dr. Jekyll aus der Feder von Robert Louis Stevenson an. Statt diese allerdings als platten Monster-Ulk zu verheizen, liefert Fisher vielleicht die bis heute sogar ambitionierteste Variante der bekannten Geschichte, um einen künstlich schizophrenen Wissenschaftler ab.
Dr. Jekyll (Paul Massie) lebt zurückgezogen in seinem Londoner Haus und widmet sich nur noch seinen Studien. Verlacht von seinen wissenschaftlichen Kollegen, sind ihm nur noch zwei Freunde und seine Frau Kitty (Dawn Addams) geblieben. Doch vom normalen Leben will Jekyll nichts wissen. Ganz Mad Scientist hat er sich in seine Forschung verbissen. Nichts geringeres als die Beherrschung des menschlichen Wesens schwebt ihm vor, um die ungenutzten Potentiale des Menschen zu entfesseln. Diese liegen jedoch in den moralischen und sozialen Ketten der menschlichen Evoltion. Um diese zu sprengen, und das Unbewusste und Ungezügelte zu befreien, unterzieht er sich einem folgeschweren Selbstversuch, der sein Leben für immer verändern wird. Aus Dr. Jekyll wird Edward Hyde.
Allerdings ein ganz anderer als Genre-Kennern nun vermuten. Terence Fisher stellt das schizophrene Grundkonzept des Dr. Jekyll gekonnt auf den Kopf. Hier ist Dr. Jekyll bereits das Monster (zusätzlich unterstützt durch ein krudes Alters-Make-Up), das sich von der menschlichen Gesellschaft abgewandt hat und seine zweifelhaften wissenschaftlichen Ideale über Freundschaft und Familie erhebt. Obwohl seine moralischen Ziele ehrlich sind, macht er sich trotzdem selbst zum Menschenfeind.
Erst als sein Alter-Ego Mr. Hyde (Paul Massie nun ohne Make-Up und einem echt irren Blick) verwandelt er sich in eine wilde Partymaschine, die keine Ausschweifung in Londons Nachtleben auslassen will. Dieser Persönlichkeit fliegen die Sympathien von Fremden und Freunden nur so zu. doch Hyde hat schließlich nur sein eigenes Vergnügen im Kopf - und dies reicht von brachialer Unterhaltung über Sex bis zum blutigen Rachedurst.
Im Lauf der Zeit wird Jekyll geradezu süchtig nach seinem Hyde, obwohl er ganz genau weiß, dass dies zu einer Katastrophe führt. Dass diese schließlich Liebe heißt, ist erschütternd und brillant zugleich.
Neben dem wirklich großartig aufspielenden Massie, dessen Mr. Hyde ein teuflisch sympathischer Irrer ist, der einem beim Anblick das Blut in den Adern gefrieren lässt, darf auch Christopher Lee ordentlich über die Stränge schlagen. Als Jekylls "bester Freund" liegt er ihm ständig auf der Tasche und zieht nachts mit Hyde um die Häuser, um das Geld bei leichten Frauen, schwerem Fusel und schnellen Karten wieder zu verzocken. Hier bekommt auch der junge und noch unbekannte Oliver Reed einen schicken Gastauftritt als angenervter Lude in einem Tanzschuppen.
Erst ganz zum Schluss geht dem gut gefilmten und facettenreich ausgestattetem Film ein wenig die Luft aus. Das Finale in einem Gerichtszimmer wirkt geradezu aufgesetzt und auch unglaubwürdig. Hier haben die Produzenten wohl auf die Uhr geguckt und zu spät bemerkt, dass die Laufzeit des Films schon vorbei ist. Diese letze unmotivierte Wandlung erinnert erstaunlich an das Ende des im gleichen Jahr entstandenen "Psycho" von Alfred Hitchcock. Abgesehen von diesem Schwachpunkt ist Terence Fishers "Schlag 12 in London" ein erstaunlich zeitloses Psycho- und Gesellschaftsdrama, das weniger auf Genre-übliche Schocks sondern auf seine starken Figuren setzt. Eine vortreffliche Bereicherung des Hammer-Pantheons.

BILD

Schlag 12 in London

Der neue und scheinbar komplett restaurierte anamorphe Transfer (2.35:1) ist eine wahre Augenweide. Die Vorlage ist klar und sauber. Dreckspuren oder andere Verunreinigungen sind so gut wie nicht sichtbar. Schärfe und Kontrast sind sehr gut und bescheren dem reich ausgestatteten Film einen herrlichen Detailreichtum. Die Farben sind insgesamt sehr kräftig und zeigen die für Hammmer typischen heftigen Farbdekors und Kleidungen in bester Qualität. Auch der Schwarzlevel ist sehr gut und zeigt dunkle Bereiche in tiefen Schwarz, ohne die Details dabei absaufen zu lassen. Die Kompression hält das Bild ebenfalls extrem stabil und rauschfrei. Sehr gut.

TON

Schlag 12 in London

Der deutsche Monoton wurde gut aufgeräumt und lässt fast vergessen, dass es sich um eine fast 50 Jahre alte Tonspur handelt. Gesegnet mit klassischen deutschen Synchronsprechern ist dieser Track ein wirklicher Hörgenuss. Die Dialoge sind rauschfrei und immer deutlich vernehmbar. Auch die restliche Soundkulisse klingt sehr homogen und nur wenig monoartig matt. Auch der englische Ton steht dem in Nichts nach, wenngleich die Dialoge hier etwas mehr im Geschehen integriert sind. Aussetzer oder Störgeräusche konnten nicht festgestellt werden. Eine wirklich gute Bearbeitung des originalen Monotons.

EXTRAS

Als einziges Extra gibt es einen englischen Kinotrailer zum Film zu sehen.

FAZIT

Ein großer Hammer-Film Klassiker kehrt zurück: "Schlag 12 in London" ist eine sehr gelungene und ambitionierte Variation des Dr. Jekyll Themas. Die DVD lässt den Film durch seinen sehr guten Bildtransfer im rechten Licht erscheinen. Zum Wiederentdecken dringend empfohlen.



Kay Pinno