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REVIEWS



Ein Kind zu töten...   

Ein Kind zu töten...
    
Original: ¿QUIEN PUEDE MATAR A UN NIÑO?   (Spanien, 1976)
Laufzeit: 106 Minuten (PAL)
Studio: Bildstörung
Regie: Narciso Ibáñez Serrador
Darsteller: Lewis Fiander, Prunella Ransome, Antonio Iranzo u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD2.0 Deutsch, Englisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Interviews, Soundtrack, Booklet, Bildergalerien, Trailer
Preis: ca. 20 €
Wertung: 1-/ 4-/ 2+ (Bild/Ton/Extras)


"Kinder des Zorns!"

Mit dem irrsinnigen Titel "Tödliche Befehle aus dem All" startete Narciso Ibáñez Serradors Film "Ein Kind zu töten..." (so die korrekte Übersetzung des spanischen Titels) in den deutschen Kinos. Allein an dieser nach Ursachen heischenden Umtitelung lässt sich die schwerwiegende Problematik erkennen, die Serradors Film über Killer-Kinder aufwühlt. Und auch deshalb musste die ursprüngliche deutsche Fassung leiden. Der lange Vorspann, der anhand von Dokumentaraufnahmen Kriegsgreuel zeigt, deren Opfer in letzter Konsequenz immer Kinder sind, musste komplett weichen.
Stattdessen begann der Film mit dem Urlauber-Pärchen Tom (Lewis Fiander) und der schwangeren Evelyn (Prunella Ransome), die auf einer kleinen spanischen Insel ihre Ferien verbringen möchten. Dort angekommen erwarten die beiden allerdings nur ein paar Kinder und die leeren Gassen eines verschlafenen Hafenörtchens. Auch in den Häusern sieht alles verlassen aus. Die Vermutung, dass das Dorf andernorts ein Fest feiert, wird jedoch alsbald zunichte gemacht, als Tom ein junges Mädchen beobachtet, das einen alten Mann brutal zusammenschlägt. Sein Eingreifen kommt zu spät, doch er wird Zeuge eines noch unfassbareren Ereignis, das ihm den Magen umdreht. Ein Wettlauf um Leben und Tod beginnt.
Narciso Ibáñez Serrador nutzt das vermeintlich schöne Urlaubsmotiv einer sonnigen mediterranen Kleinstadt mit weißen Häuserwänden und pittoresken Straßen, um es in einen grellen, schwitzenden Albtraum zu verwandeln. In dichter Atmosphäre lässt er die Spannung ganz langsam hochkochen, um plötzlich Protagonisten und Zuschauer gleichermaßen mit dem unglaublichen Schrecken frontal zu konfrontieren: eine blutige Rebellion der Kinder gegen ihren größten Feind - die Erwachsenen! Unaufhaltsam und grotesk verspielt beginnt ein Todesreigen, der schließlich nur zum "Tabubruch" des Titels führen kann. Im Hintergrund greift Serrador dabei auch universale Themen wie die Dekonstruktion von Familie und Familienplanung auf, die angesichts von Kriegen, Unruhen und Gewalt im Alltag auch heute noch so aktuell wie damals sind.
Irgendwo zwischen "Das Dorf der Verdammten" und "Die Vögel" nistet sich "Ein Kind zu töten..." ganz oben in der Riege von außergewöhnlichen Schockern ein, die einem auch nach Ansicht unter der Haut und im Gedächtnis bleiben.

BILD

Ein Kind zu töten...

Der vorliegende neue anamorphe Transfer (1.85:1) ist ein echter Augenöffner. Dass dieser alte Film noch so gut aussehen kann, grenzt schon fast an ein Wunder. Die Vorlage ist in einem geradezu makellosen Zustand. Bildpunkte oder Dreckspuren sind so gut wie nicht auszumachen. Schärfe und Kontrast sind sehr solide. Hier und da wirkt das Bild zwar insgesamt etwas weicher, aber die harschen Kontraste der sonnendurchfluteten Kleinmstadt sorgt für ein sehr surreales Erlebnis. Die Farben sind stabil und geben den harscheren realistischen Look des Films hervorragend wieder. Insgesamt wirkt die gesamte Farbpalette hier etwas pastellartig. Der Schwarzlevel geht in Ordnung, aber ist vielleicht die einzige kleine Schwachstelle des Transfers. Dunklere Partien neigen hier zu einer leichten Milchigkeit, die auch die Details etwas verschwinden lässt. Da aber so gut wie kaum Dunkelheit im Film vorkommt, fällt dies kaum ins Gewicht. Die Kompression arbeitet sauber und hält das Bild stabil und rauschfrei. Sehr gut.

TON

Ein Kind zu töten...

Der Ton liegt als aufbereitete Monovariante in DD2.0 vor. Während der spanische und englische Ton sehr solide gemastert wurden und kaum Rauschen oder andere Störanfälligkeiten vorweisen, ist die deutsche Tonspur doch etwas härter vom Zahn der Zeit befallen worden. An sich gut in den Dialogen gut verständlich, ist die Soundqualität insgesamt etwas dünner und tendiert auch mal zu leichten Verzerrungen. Das größte Problem ist jedoch ein Hintergrundbrummen, das besonders in ruhigen Szenen stärker auffällt. Aufgrund der Seltenheit des Ausgangsmaterials war hier aber wohl nichts anderes machbar. Zudem ist die altze deutsche Synchronisation sehr gut gelungen. Eine billige Neu-Synchro wäre hier unvorstellbar. Ein paar Szenen sind aufgrund der Uncut-Version nicht deutsch synchronisiert und mit deutschen Untertiteln versehen.

EXTRAS

Auf der Scheibe befinden sich zwei Interviews: Das Gespräch mit dem Regisseur Narciso Ibanez Serrador (ca. 10 Min.) fällt ziemlich kompakt aus. Er erinnert sich gerne an den Film zurück und setzt sich dezidiert mit den Inhalten auseinander. Leider hat er nur wenige Erinnerungen an den Dreh und die Arbeit mit den Kindern. Trotz allem ein sehr hintergründes Interview ohne viel technische Details.
Im zweiten Gespräch (ca. 18 Min.) äußert sich Kameramann Jose Luis Alcaine detailliert über die Schwierigkeit, das helle Dorfsetting an ganz unterschiedlichen Drehorten richtig in Szene zu setzen. Dazu hat er noch einige Erinnerungen an den Dreh und natürlich etwas zu den Schwierigkeiten am Set zu erzählen.
Ein Trailer und zwei Bildergalerien mit Fotos vom Dreh und den originalen Aushangfotos runden die Extras auf dem Silberling ab.
Als Beilage ist auch CD mit dem raren Soundtrack des Films vorhanden. Darauf sind insgesamt 14 Tracks enthalten, die den Film musikalisch komplett abdecken. Alle Tracks beginnen hier mit dem unheimlichen Kindergekicher, was sicher Absicht, aber insgesamt doch etwas nervig ist. Der Soundtrack selbst ist ein schönes Beispiel für den 70-er Jahre Eurohorror, der irgendwo zwischen seltsamer Elektro-Easy-Listening-Musik und extremen Soundeinlagen rangiert. Als Bonusmaterial ein echter Volltreffer.
Das 17-seitige Booklet wird seinem Namen gerecht und enthält drei ausführliche und bebilderte Texte zum Film, die nicht nur Genrekennern Freude bereiten.
Für Sammler hat Bildstörung außerdem ein doppeltes Wendecover produziert. Um den Schuber ist ein zusätzlich entfernbares Cover gewickelt, damit die Box auch ohne das besonders hässliche FSK-Riesenlogo im Regal stehen kann. Die eigentliche Cover in der DVD-Box ist ebenfalls wendbar: entweder zeigt es die beiden Hauptdarsteller oder das alte deutsche Cover mit dem Alternativtitel "Tödliche Befehle aus dem All". Großartig.

FAZIT

Diese Kinder-Apokalypse ist ein Musterbeispiel an Effizienz in Sachen Leinwand-Terror. Endlich ungekürzt und restauriert tischt das junge Label Bildstörung eine absolute Rarität in bester Qualität und mit ausgezeichnetem Bonusmaterial auf. Kauft es nicht für euch, sondern wegen der Kinder...



Kay Pinno