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REVIEWS



Jarhead SE   

Jarhead SE
    
Original: Jarhead   (USA, 2005)
Laufzeit: 117 Minuten (PAL)
Studio: Universal
Regie: Sam Mendes
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Peter Sarsgaard, Chris Cooper, Jamie Foxx u.v.a.
Format: 2.35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Kommentar, Making of, Tagebücher u.v.m.
Preis: ca. 20 €
Wertung: 1-/ 2+/ 1 (Bild/Ton/Extras)


"Smoke on the Desert!"

Der erste Golfkrieg in den frühen 90-er Jahren war ein kontrollierter Medienkrieg. Außer ein paar videospielartigen Luftaufnahmen von erfolgreich bombardierten Zielen bekamen die Zuschauer an der Heimatfront einen sauberen Krieg präsentiert. Aber jeder, der schon einmal einen Film geschaut hat, weiß natürlich, dass ein Krieg niemals sauber ist - besonders wenn eine überbewaffnete Supermacht dies einen Glauben machen möchte. Das weiß natürlich auch Regisseur Sam Mendes, der sich nach “American Beauty” und “Road to Perdition” mit der biographischen Soldatenmär “Jarhead” nach dem Bestseller von Golf-Veteran Anthony Swofford einmal mehr als kritischer Betrachter amerikanischer Befindlichkeiten zeigt. Swofford wird im Film von Jake Gyllenhaal (“Donnie Darko”) von Anfang an als “Hohlbirne” (= “Jarhead”) ohne Chance auf Besserung angelegt. Sein Papa war in Vietnam und seine Mutter dadurch quasi auch. Die Soldatenlaufbahn als Marine scheint für Swofford irgendwie vorprogrammiert. Das erste böse Erwachen kommt wie bei “Full Metal Jacket” natürlich schon bei der menschenverachtenden Ausbildung. Als fertig ausgebildete Killermaschinen kommen Swoff und seine Kameraden (darunter auch Peter Sarsgaard) schließlich in den Golfkrieg. Zu tun gibt’s für die Fußsoldaten allerdings nüscht - die Luftstreitkräfte nehmen ihnen schließlich die Arbeit ab. Der anstrengende Kampf gegen die Langeweile und den zuvor aufgebauten Druck, für das Töten von Menschen gedrillt worden zu sein, macht den Soldaten mehr als alles andere zu schaffen. Obwohl sie ihre einzigen Schüsse erst nach dem Krieg in die Luft feuern werden, kommen Swofford und seine Waffenbrüder genauso geschädigt wie sein Vater aus dem Krieg. Das zeigt Mendes zum Ende allerdings nur als schwache Fußnote und säbelt damit einen wichtigen Teil des Buches einfach ab. Überhaupt wandert Mendes auf einem sehr schmalen Grad zwischen heftiger Soldatenpropaganda und kritischer Hinterfragung. Wenn Jamie Foxx als vorgesetzter Offizier vor brennenden Ölquellen einen heroischen Monolog über seine Bestimmung als Soldat absondert, soll damit zwar ein Höllenszenario simuliert werden, aber Mendes gelingt es dabei nicht, die teuflische Logik hinter dieser Propaganda bloß zu stellen. Auf der anderen Seite dürfen die Soldaten bei ihrem Trip durch Wüste an einem von ihren Fliegern zerbombten Flüchtingskonvoi vorbeischlendern. Selbst Swofford ahnt dabei, dass ihre Mission anscheinend aus dem Ruder läuft. Schlussendlich setzt Mendes die altbekannte “Rambo”-Thematik in heutigen Zeiten fort: statt ernüchternder Kriegs-Katharsis werden die von der Regierung ausgebildeten menschlichen Killermaschinen in einem modernen High-Tech-Krieg gar nicht mehr gebraucht und wandeln später wie tickende Zeitbomben in einer Gesellschaft, von der sie sich längst entfremdet haben. Die Armee-Propaganda fasste dies später auch unter dem Begriff “Golf War Syndrome” (unter das auch von Uran-Munition oder Chemikalien verseuchte Soldaten fallen) zusammen. “Jarhead” setzt zwar auf bekannte Kriegsfilmmotive, aber ringt ihnen einen aktuellen Bezug und eine veränderte Sichtweise ab. Allein deshalb ist der Film sehenswert.

BILD

Jarhead SE

Der neue anamorphe Widescreentransfer (2.35:1) basiert auf einer hervorragenden Vorlage. Dreckspuren oder Spratzer sind nicht vorhanden und das Bild ist absolut knackscharf. Aufgrund des Ausgangsmaterials ist das Bild ein wenig überkontrastiert und die Farben scheinen ein wenig desaturiert zu sein. Das entspricht hier aber dem originalen Look des Films. Der Schwarzlevel ist tief, aber trotzdem detailreich. Bildelemente werden in dunklen Szenen nicht verschluckt. Die Kompression arbeitet sehr gut. Hintergrundrauschen oder Artefakte treten nicht auf.

TON

Jarhead SE

Der Sound in DD5.1 wird auf Deutsch und Englisch geboten. Der Track sorgt für eine sehr gute räumliche Dynamik, die besonders durch die gut eingesetzten Musikstücke unterstützt wird. Die Dialoge sitzen meistens fest im Centerkanal, aber werden bei Gruppenszenen auch geschickt in die Surroundkanäle verlagert. Auch die fliegenden Militärgeräte liefern bei ihren kurzen Auftritten eine sehr schöne Surroundkulisse. Sehr gut wurden auch die brennenden Ölquellen realisiert. Ein geisterhaftes Rauschen kommt aus allen Surroundboxen geflossen. Ein sehr solider Track, der aus dem Film das Maximum an Surroundambiente herausholt.

EXTRAS

Auf der ersten Scheibe des Doppeldiscsets befinden sich zunächst zwei laufende Audiokommentare. Der erste Track wird von Regisseur Sam Mendes bestritten. Sehr ausführlich geht auf seine Regie-Entscheidungen und die Arbeit mit dem Drehbuchautor und den Schauspielern zur Entwicklung der Geschichte ein. Hier darf man erfahren, dass einige schöne Charaktermomente aus der reinen Improvisation entstanden sind. Zudem berichtet Mendes von seinem eher “dokumentarischen” Ansatz, den Film zu drehen. Dies ist ein sehr solider Track, der auch besonders auf die technischen und gestalterischen Aspekte des Films eingeht. Inhaltlich geht’s erst auf dem zweiten Track so richtig ans Eingemachte. Hier sprechen Buchautor Anthony Swofford und Drehbuchautor William Broyles, der ebenfalls ein Veteran - allerdings des Vietnamkriegs - ist. Hier wird sehr viel über die unterschiedliche Kriegserfahrung der beiden Autoren berichtet und besonders die typischen Militär-Situationen des Films sehr ausführlich diskutiert. Ein Hammer ist die Diskussion über den besonderen Einfluss von Vietnam-Filmen auf Swoffords Soldaten-Generation. Broyles berichtet auf dem Track auch wie er mit Swofford gemeinsam einige Veränderungen gegenüber dem Buch vorgenommen und bestimmte zusätzlich Aspekte einfließen ließ. Dieser zweite Kommentar ist aufgrund seiner Authentizität und den Erfahrungsberichten aus erster Hand noch wesentlich interessanter als Sam Mendes Solo-Track.

Als weiteres Extra befinden sich auf der ersten Scheibe einige geschnittene, verlängerte und alternative Szenen des Films, die alle mit einem optionalen Kommentar von Sam Mendes und seinem Cutter Walter Murch ausgestattet sind. Vier kleinere Szenen zeigen ein Stilmittel, dass völlig aus dem Film entfernt wurde: Swoffs geheime Fantasien, in denen er unter anderem seinen Vorgesetzten auf dem Klo in die Luft sprengt. Diese Sequenzen hätten dem Film sicher einen mehr satirischen Charakter verliehen. Die unveröffentlichten Szenen (ca. 20 Min.) zeigen einige interessante Charaktermomente, wenn z.B. Swoffs Trupp kurz über Politik diskutiert oder Swoffs Kumpel Troy ihm über seine Vergangenheit erzählt. Interessant ist auch eine alternative Eröffnungssequenz, die Sam Rockwell als Veteranen Onkel von Swoff zeigt. Dennoch sind diese recht guten Szenen für den Film ein klassisches “Padding”, das schon vorhandene Eindrücke einfach nur auswalzen. Als Deleted Scenes sind sie auf der DVD aber sehr interessant. Die Frontinterviews der Soldaten können auf der ersten Disc ebenfalls in ungekürzter Form angeschaut und mit Kommentar angeschaut werden. Aber auch hier gibt’s letztlich nicht viel mehr zu erfahren. Einzig ein paar schöne, längere Improvisationsmomente der Schauspieler sind hier auffällig.

Auf der zweiten Disc befinden sich insgesamt drei jeweils ca. halbstündige Dokumentationen, die einen sehr persönlichen und ungewöhnlichen Blick auf die Produktion des Films werfen sowie die echten Veteranen bei ihrer Rückkehr aus dem Krieg zeigen. Die “Jarhead-Produktionstagebücher” bestehen aus von den Schauspielern selbst gedrehten Aufnahmen und separat aufgenommen Interviewschnippseln mit Sam Mendes. Die Schauspieler interviewen sich teilweise selbst und nehmen vor allem die Momente auf, die man sonst nicht zu Gesicht bekommt. Absolutes Highlight: während einer Nachtübung im Bootcamp gibt Jamie Foxx eine urkomische Imitation von Ray Charles als Marine. Die Dokumentation “Background” beschäftigt sich mit den Marine-Komparsen des Films, die ebenfalls sehr persönlich über ihre Erfahrung beim Dreh und auch über eigene Marine-Erlebnisse berichten. Ein wirklich sehr guter anderer Blick hinter die Kulissen. “Semper Fi: Das Leben nach dem Marine-Corp” zeigt das Schicksal von fünf Irak-Kriegsveteranen, die auf ganz unterschiedliche Weise die Rückkehr in die Gesellschaft erlebt haben. Hier wird ein besonders persönlicher Einblick in das Leben der Ex-Marines gegeben, der ganz klar aufzeigt, wie richtig “Jarhead” mit seinem Blick auf die Irak-Marines liegt.

FAZIT

Auch wenn “Jarhead” stark am Rande einer Militärpropaganda-Veranstaltung vorbeischrappt, zeigt der Film doch eine interessante Variante der üblichen Soldaten-an-der-Front-Geschichte. Der aktuelle Bezug zum heutigen Irak-Krieg bringt zudem ein ungutes Gefühl der Vorahnung mit sich. Technisch liefert die DVD das volle Programm und kann mit sehr guten Extras aufwarten. Absolut empfohlen.



Kay Pinno