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REVIEWS



Italo-Western-Box: Der Gehetze der Sierra Madre   

Italo-Western-Box: Der Gehetze der Sierra Madre
    
Original: La Resa del Conti   (Italien / Spanien, 1966)
Laufzeit: 105 Minuten (PAL)
Studio: Koch Media
Regie: Sergio Sollima
Darsteller: Tomas Milian, Lee van Cleaf, Walter Barnes, Gérad Herter u.v.a.
Format: 2.35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD-Mono Deutsch, Italienisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Extras: Bonus-DVD: Featurette, Bilder, Trailer u.m.
Preis: ca. 45 €
Wertung: 2+/ 4+/ 2 (Bild/Ton/Extras)


"Es gibt eine Gerechtigkeit!"

Er ist der große Unbekannte der drei Sergios, die den Italowestern in der Mitte der 60-er Jahre zu großen Aufsehen verhalfen. Neben Leone und Corbucci ist Sergio Sollima mit seiner Western-Trilogie ein erfolgreicher wie großer Wurf gelungen, der heute vielleicht noch mehr als damals glänzen kann. Fernsehfreunden wird der Italiener durch seine kultige 70-er Jahre Serie “Sandokan - Der Tiger von Malaysia” bekannt sein. Nachdem der Römer schon als Autor einiger Sandalen-Filme (u.a. “Spartacus und die zehn Gladiatoren” oder “Die Irrfahrten des Herkules”) in den frühen 60-er Jahren fungierte, drehte er mit den zwei “Agent 3S3”-Filmen seine ersten kleinen Erfolge. Doch erst “Der Gehetzte der Sierra Madre” sollte ihm 1966 richtigen Ruhm bescheren. Ähnlich wie Leone bei “Für eine Handvoll Dollar” arbeitete Sollima hier mit einem verschwindend kleinen Budget aber mit zwei großen Trumpfkarten auf der Hand: exzellente Hauptdarsteller und die Musik von Ennio Morricone. Obwohl Tomas Milian schon ein paar Filme gedreht hatte, wurde der Kubaner erst hier richtig von Sollima entdeckt und korrekt als mexikanischer Gauner Cuchillo “Die Stechmücke” Sanchez eingesetzt. Die Sympathie ging anscheinend von beiden Seiten aus, denn Milian blieb Sollima auch bei seinen zwei anderen Western treu.

“Der Gehetzte der Sierra Madre” erzählt die Geschichte einer Verfolgung - ein Thema, das sich durch alle drei Sollima-Western zieht und in “Lauf um dein Leben” seinen Höhepunkt erfährt. Der alternde Kopfgeldjäger Corbett (natürlich Lee van Cleaf) hat eigentlich die Nase voll von seinem Job. Er möchte lieber eine “ehrliche” politische Karriere beginnen. Dafür fehlt im allerdings noch der finanzielle Rückenwind. Der wird ihm von dem reichen Geschäftsmann Brokston (Walter Barnes) versprochen, der Corbett als “seinen” Senator nach Washington schicken will. Dafür muss sich Corbett ein letztes Mal - sozusagen als Wahlwerbung - an die Fersen eines Verbrechers heften. Der Mexikaner Cuchillo Sanchez(Tomas Milian) soll ein zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt und mit seiner Spezialwaffe - dem Messer - ermordet haben. Der clevere Peon schlüpft Corbett aber immer wieder durch die Finger. Zudem kommen selbst Corbett nach und nach Zweifel, ob der an sich gutmütige Gauner tatsächlich ein so grausames Verbrechen begangen hat. Erstmals in voller Länge wieder hergestellt, zeichnet “Der Gehetzte der Sierra Madre” (die alte deutsche Fassung war um ca. 25 Minuten gekürzt!!!) ein recht fieses Bild des amerikanischen Frontierlebens. Hinter den brachialen Gewalttaten stehen hier immer handfeste finanzielle Interessen von korrupten Geschäftsleuten. Zudem kommt hier auch die skurrile Figur von van Cleafs zweitem Gegenspieler, dem östereichischen Baron von Schulenberg (Gérard Herter), richtig zur Geltung - aus der alten deutschen Fassung wurde der austrische Heckenschütze weitestgehend entfernt. Erstaunlicherweise gibt der Titelsong “Run, Man, Run” schon einen Hinweis auf die Fortsetzung von Cuchillios Abenteuern.

BILD

Italo-Western-Box: Der Gehetze der Sierra Madre

Die Bildqualität aller drei Filme ist in Anbetracht des Alters und ihrer Herkunft verdammt gut geraten. Erstaunlicherweise nimmt die Bildqualität aber in umgekehrter Reihenfolge ein wenig ab. Am besten schaut “Der Gehetzte der Sierra Madre” aus, während die beiden anderen Filme respektiv Platz 2 und 3 belegen. Trotz der sicherlich aufwendigen Restaurationsarbeit - Spratzer und Dreckspuren sind kaum noch vorhanden - lässt sich doch bei allen Filmen feststellen, dass an einigen Stellen Material unterschiedlicher Herkunft verwendet wurde, so dass einige wirklich kurze Szenen etwas ausgebleichter und unscharf aussehen. Trotzdem stört dies den brillanten Gesamteindruck kaum. Schärfe und Kontrast sind trotz einiger Rauschmuster immer noch als gut zu betrachten. Besonders kräftig kommen die erdigen Farbtöne der Filme daher, die hier sicherlich mit einer Brillanz strahlen, die nicht mal bei den Premierenvorstellungen der Filme möglich gewesen wäre. Der Schwarzlevel ist tief, aber dennoch detailreich. Die Kompression sorgt für ein ruhiges Bild ohne Artefakte, aber kann ein leichtes Hintergrundrauschen nicht verhindern. Zweifelsohne sehen alle drei Filme besser als jemals zuvor und wahrscheinlich auch in Zukunft aus. Gute Arbeit, Koch Media!

TON

Italo-Western-Box: Der Gehetze der Sierra Madre

Beim Ton war anscheinend aber nicht mehr so viel machbar. Die deutschen Synchronspuren zeigen trotz Aufbereitung im DD2.0 Format deutliche Spuren ihres Alters. Wie auch beim Bild ist der Ton bei “Der Gehetzte” gegenüber den anderen Filmen besser. Auch wenn bei allen drei Filmen der Ton - insbesondere die Dialoge - etwas dünn wirken, bleiben bei “Der Getzte” Verzerrungen und Knackser aus. Die zwei anderen Filme haben aber ab und an deutliche Probleme: neben einer schwachen Aussteuerung schleichen sich ein paar Verzerrung besonders bei laut gesprochen Dialogen ein. Auch das klassische Monorauschen ist deutlich zu vernehmen. Die Musiken kommen allerdings trotzdem sehr gut zur Geltung, auch wenn das Titellied von “Lauf um dein Leben” etwas übersteuert und kratzig scheppernd wirkt. Mehr war aber wohl nicht aus den deutschen Mastern herauszuholen. Die italienischen klingen zwar auch ein wenig dumpf, aber haben insgesamt eine bessere Qualität als die deutschen Tonspuren. An dieser Stelle muss noch auf ein kleines Problem mit den Untertitelspuren hingewiesen werden. Leider orientieren sich die deutschen UT an der deutschen Synchronfassung, die besonders bei “Der Gehetzte” einige Stellen entschärft und entpolitisiert! Aus diesem Grund sollten lieber die englischen UT gewählt werden, da sie näher an die Original-Dialoge herankommen.

EXTRAS

Ein großes Lob geht an Koch Media ebenfalls für die gelungene Aufmachung der Box: der Kreuz-Digipack mit Filmmotiven auf Discs und Hintergründen gefällt. Ein ausführliches Booklet (31 Seiten) gibt zudem detailliert Auskunft über die verschiedenen Fassungen und Veränderungen an den Filmen, die auch interpretiert und kommentiert werden. Neben den vier Discs befindet sich auch ein exklusiv angefertigtes Italowestern-Lexikon “Leichen pflastern ihren Weg” (252 Seiten) von Ulrich P. Bruckner, der nicht nur Genre-Kenner sondern auch Chef von Koch Media ist, in der Box. Angefangen mit einem ausführlichen Interview mit Sergio Sollima listet das Buch die Titel alphabetisch nach deutschen Titeln. Dazu folgen jeweils wichtige Eckdaten (Entstehungsjahr, Stab und Besetzung, teilweise auch Längenangabe und FSK-Freigabe) und eine sehr kompakte Inhaltszusammenfassung, die mit noch knapperen Bewertungen/Hinweisen versehen wurde. Zum Abschluss gibt’s hier auch noch eine Auflistung mit deutschen Alternativtiteln. Für Einsteiger ist dieses kompakte Kompendium eigentlich zu wenig informativ gestaltet. Genre-Unkundige Leser werden hier sicherlich nicht viel Hilfe für eine Guck-Entscheidung finden. Zum schnellen Nachschlagen von Titeln ist das Buch aber sehr praktisch.

Während sich auf den drei Filmdiscs nur die Kinotrailer befinden, sind alle sonstigen Extras auf der vierten Scheibe zu finden. Das Hauptextra ist dort das 56-minütige Interview mit Regisseur und Autor Sergio Sollima (in italienisch mit deutschen Untertiteln). Ausführlich plaudert der sympathische Römer über seine Karriere und die Entstehung seiner Italo-Westerntrilogie. Dabei spart der Filmemacher nicht an zahlreichen amüsanten Anekdoten über seine Hauptdarsteller und die Schwierigkeiten bei den Drehs. So erfährt man z.B. dass ein notgeiles Pferd einem schon mal einen ganzen Drehtag kosten kann und es auch Vorteile hat, wenn man seine Hauptdarsteller bewusst gegeneinander aufstachelt. Ein wirklich informatives wie wichtiges Interview-Feature, das wohl niemand enttäuschen dürfte. Für alle drei Filme gibt es zudem noch Bildergalerien mit Werbematerialen, nochmals verschiedene Trailer, Drehort-Vergleiche von damals zu heute und nur für “Von Angesicht zu Angesicht” gibt’s auch noch eine schwarzweiße Super 8 Film Fassung zu bestaunen, die aber letzlich nicht viel her macht und nur als Zeitdokument für die Prä-Video der 70-er Jahre interessant ist.

FAZIT

Wer schon Leone kennt und liebt, der sollte nicht an dieser hervorragenden Box vorbeigehen. Die drei restaurierten Western von Sergio Sollima sind verschüttete Genre-Juwelen, die von Koch Media endlich ausgegraben und ordentlich aufpoliert wurden. Mit dieser Box erhalten die Filme endlich den Top-Status, der ihnen zusteht. Die Aufmachung ist zudem sehr gut gelungen. Das exklusive Lexikon, ein hervorragendes Booklet und ausführliche Interviews mit Sollima machen das Set zu einem No-Brainer! Kauf um dein Leben, Gringo...



Kay Pinno