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REVIEWS



Cobra Verde   

Cobra Verde
    
Original: Cobra Verde   (BRD, 1987)
Laufzeit: 106 Minuten (PAL)
Studio: Kinowelt
Regie: Werner Herzog
Darsteller: Klaus Kinski, King Ampaw, José Legoy, Salvatore Basile u.v.a.
Format: 1.78:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD5.1 Deutsch DS Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Interview, Herzog in Afrika u.m.
Preis: ca. 20 €
Wertung: 2 / 2+/ 2+ (Bild/Ton/Extras)


"Sklave der Macht"

Zum letzten Mal arbeiteten Werner Herzog und Klaus Kinski bei “Cobra Verde” zusammen. Herzog sagt darüber, dass er nach diesem Film keine Facette an Kinski mehr hätte erkunden können. Alles was noch hätte folgen können, wäre “Fitzcarraldo 2”, “Aguirre 2”, etc. gewesen. Die legendäre Zusammenarbeit zweier Besessener war am afrikanischen Strand zu einem Endpunkt gekommen. Der “Bandit” Cobra Verde – verkörpert von Klaus Kinski – landete auf Geheiß seines Arbeitgebers im westlichen Afrika. Ursprünglich stammt Cobra Verde aus dem Armenhaus Brasiliens, wo die immerwährende Dürre ein Überleben zur Qual macht. Dank seines physischen Auftretens, das eine unbändige Macht ausstrahlt, ohne dass er zu körperlicher Gewalt greifen muss, steigt Cobra Verde zum Aufseher einer brasilianischen Sklavenplantage auf. Da er die drei minderjährigen Töchter des Besitzers schwängert, schickt man ihn nach Afrika, wo der Sklavenhandel ins stocken geraten ist. Dahinter verbirgt sich die Hoffnung, dass Cobra Verde zugrunde gehen wird. Von Anfang an ist dieser Cobra Verde eine seltsame Gestalt, die sich von der Umgebung abhebt. Kinski besitzt in Herzogs Film eine Leinwandpräsenz, die über seine übrigen Auftritte hinausgeht. Zu Beginn sieht man ihn über den Marktplatz einer brasilianischen Stadt laufen, auf dem gerade eine Auspeitschung im Gange ist. Wie die Figur eines Italowestern macht er sich seine Umgebung untertan, die ohne ihn gar nicht zu existieren scheint. Eine entrückte Macht bildet sich in Kinski ab. Der Schauspieler spaziert mit unkontrollierter Energie durch den Film. In späteren Szenen scheint man Zeuge seiner berühmten Tobsuchtsanfälle zu werden, die er einfach vor der Kamera auslebt. “Cobra Verde” porträtiert in epischer Breite einen Menschen, der kein anderes Ziel mehr zu haben scheint, als jeden Augenblick zu beherrschen. Dank geschicktem Einsatz eines echten afrikanischen Königs samt seinem Hofstaat, gelingt es Werner Herzog, einen Film zu inszenieren, der deutlich teurer aussieht, als er letztlich war. Bunte Kostüme, hunderte von afrikanischen Statisten und ein altes Sklavenfort aus vergangenen Zeiten sorgen für die epischen Ausmaße des Films. Dabei verzichtet Herzog darauf, Afrika in bekannte Klischees zu entschlüsseln. Das Verhalten der Afrikaner bleibt stets rätselhaft. Dadurch erhält “Cobra Verde” seine bizarre Atmosphäre, er wirkt wie die faszinierende Studie eines unbekannten Gegenstandes. Niemals kann man als Zuschauer ahnen, was als nächstes passiert. “Cobra Verde” ist der beeindruckende Schlusspunkt einer legendären Zusammenarbeit, der letzte Seufzer des Größenwahns.

BILD

Cobra Verde

Die Vorlage weist ein paar Verschleißerscheinungen auf. Das äußert sich durch Bildpunkte und einige wenige Dreckspuren, an einer Stelle gibt es für wenige Sekunden einen Laufstreifen. Das braucht aber nicht überbewertet werden. Im Wesentlichen ist die Vorlage in einem guten Zustand. Das leichte Grundrauschen gehört zum physischen Look, den Werner Herzog gerne bei seinen Filmen benutzt. Stets lässt er die Aufnahmen mit leichter Körnigkeit herstellen. Das darf nicht mit altersbedingtem Rauschen verwechselt werden. Zwei, drei Bilder schleichen sich allerdings ein, für die das nicht gilt. Bei ihnen tritt die Körnigkeit aus dem üblichen Rahmen heraus. Darüber hinaus präsentiert sich die DVD mit einer sehr guten Schärfe. Die Farbpalette, bestehend aus saftigem Grün in Brasilien und mannigfaltigen Schattierungen in Afrika, wurde in ausgezeichneter Qualität auf die DVD gebannt. Sehr gut heben sich die verschiedenen sandigen Töne in Afrika voneinander ab. Das Bild der DVD neigt zu leichter Blockbildung und zieht leicht nach. Der Gesamteindruck der Bildqualität ist aber gut.

TON

Cobra Verde

Der Ton liegt im deutschen 5.1-Format und im englischen 2.0-Format vor. Man darf sich vom Surround-Sound allerdings nicht zuviel erhoffen. Einige atmosphärische Geräusche sowie Musik bevölkern die hinteren Kanäle, ansonsten tut sich nicht viel. Der Film wurde aber auch nicht in Hinblick auf ein mögliches 5.1-Format gedreht, insofern wäre übertriebene Effekthascherei auch nur störend. Kinowelt hat hier sehr behutsam und sorgfältig gearbeitet. Rauschen gibt es nicht. Die englische Tonspur erweist sich als guter Stereo-Track.

EXTRAS

Auf der DVD-Hülle ist ein Audiokommentar von Werner Herzog und Laurens Straub angegeben. Im Gegensatz zu den anderen Werner Herzog-Veröffentlichungen bei Kinowelt, haben die beiden aber keinen klassischen Audiokommentar gesprochen, der über den laufenden Film gelegt wurde. Stattdessen kann man sich ein etwa einstündiges Gespräch zwischen den beiden als Tondokument anhören. Dies ist keineswegs schlechter geraten als ein Audiokommentar. Vielleicht ermöglicht die freie Form des Gesprächs den beiden, noch etwas intensiver auf die verschiedene Thematiken hinsichtlich “Cobra Verde” einzugehen. In ausführlicher Weise erörtern Straub und Herzog den Einfluss der Romanvorlage auf den fertigen Film und die Dreharbeiten. Werner Herzog erweist sich einmal mehr als gewandter Erzähler, der auf einen Schatz vieler Anekdoten zurückgreifen kann. Er berichtet über seine Arbeit, geht natürlich auch auf Kinski ein und reflektiert den Film. Die Unterhaltung hat den Charakter eines lockeren, aber intensiven Werksgesprächs, das kaum eine Frage offen lässt.

Sehr gut ist auch die 45minütige Dokumentation “Herzog in Afrika”, die seinerzeit für den Süddeutschen Rundfunk entstand. Der Film besitzt eine Mischung aus Interviewmaterial mit Werner Herzog und Aufnahmen von den Dreharbeiten. Dadurch ergibt sich ein gelungener Einblick in die Schwierigkeiten des Drehs sowie in die Psyche Werner Herzogs während der Arbeit. Der Entstehungsprozess eines Werner Herzog-Films wird deutlich.

Daneben bietet die DVD drei schöne Bildergalerien, die als Slideshows gestaltet wurden, Bio- und Filmographien von Werner Herzog sowie Klaus Kinski und Trailer zu vier Filmen Herzogs (“Aguirre”, “Jeder für sich und Gott gegen alle”, “Stroszek” und “Woyzeck”), seltsamerweise keiner zu “Cobra Verde” selbst.

FAZIT

“Cobra Verde” erzählt mit epischem Atem die Geschichte des “Banditen” Cobra Verde, der als Sklavenhändler in Afrika den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht, das faszinierende Portrait eines entrückten Wesens. Die Kinowelt DVD ist eine würdige Veröffentlichung.



Stefan Dabrock