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REVIEWS



Triple 9   

Triple 9
    
Original: Triple 9   (USA, 2016)
Laufzeit: 111 Min. (PAL)
Studio: Universum Film
Regie: John Hillcoat
Darsteller: Casey Affleck, Chiwetel Ejiofor, Anthony Mackie, Aaron Paul, Woody Harrelson, Kate Winslet
Format: 2.40:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
Extras: Deleted Scenes, Making of, Interviews
Preis: ca. 13 Euro
Wertung: 2-/ 2-/ 3- (Bild/Ton/Extras)


"Gute Action, gute Story, keine Emotionen"

Die Geschichte von TRIPLE 9 beginnt mit einem spektakulären Raubüberfall auf eine Bank. Die Männer sind keine Amateure, mit militärischer Disziplin gehen sie vor; selbst die Explosion einer roten Farbgranate in einem Geldsack auf der Flucht bringt sie nicht aus der Ruhe. Es ist offensichtlich: Sie wussten, dass so etwas passieren würde. Offenbar hatten sie es gar nicht wirklich auf das Geld abgesehen. Vielmehr ging es ihnen um den Inhalt eines Schließfaches. Den haben sie. Und nun, da sie den Überfall erfolgreich abgeschlossen haben, können sie wieder in ihre zivilen Leben zurückkehren, ihre Dienstmarken wieder anlegen und im Hexenkessel Atlanta für Ruhe und Ordnung sorgen.
Der Prolog von TRIPLE 9 hat es in sich. Der kühle Inszenierungsstil gibt den Weg vor. TRIPLE 9 ist kein Film der Emotion. Die kühle Inszenierung des Überfalls ist eine Metapher auf die Charaktere des Filmes. Die Männer, allesamt Polizisten in unterschiedlichen Funktionen, haben ihre einstige Berufung aufgegeben. Untereinander sind sie einander halbwegs loyal ergeben. Doch selbst diese Beziehung ist mehr eine Zweckgemeinschaft als wahre Freundschaft.
Kälte regiert.
Elitepolizist Chris (Casey Affleck) hat keine Ahnung vom Doppelleben seines neuen Partners, als er der Abteilung für Bandenkriminalität zugewiesen wird. Von dessen Verbindungen zur russisch-jüdischen Mafia ahnt er nichts. Chris ist ein aufrechter Cop. Und damit das perfekte Opfer für einen letzten Coup.
Ohne zu spoilern: Aufgrund einer etwas komplizierten familiären Beziehung ist einer der Polizisten mit besagtem Mafiaclan nicht ganz freiwillig liiert und die Überfälle stehen mit dieser etwas komplizierten Geschichte in einem direkten Zusammenhang. Und so nutzt Clanchefin Irina (Kate Winslet, stark geschminkt) die Abhängigkeit eiskalt aus. Entweder, die Jungs fluppen, oder sie gehen in den Bau: Wenn sie vorher nicht von Irinas Männern erledigt werden. Allerdings ist sie bereit, die Beziehung zu beenden – wenn sie, die Polizisten, einen letzten Raubzug für sie erledigen. Das Problem: Der ist schlicht nicht realisierbar. Die Sicherheitsvorrichtungen sind schlichtweg nicht überwindbar. Egal, welches Szenario sie durchspielen: Der Alarm wird immer ausgelöst. Sollte es ihnen jedoch gelingen, ein zehnminütiges Zeitfenster für sich öffnen, zehn Minuten ohne Polizei, dann ist es machbar.
Und es gibt eine Möglichkeit, dieses Zeitfenster zu errichten. Durch einen Triple9-Code, dem Code für einen getöteten Polizisten. Geht ein Polizist zu Boden, werden alle Cops der Stadt nur dem Triple9 folgen. Und Chris ist eh der Außenseiter. Man braucht nur eine Falle, in die er tappen kann.
TRIPLE 9 ist ein knallharter Thriller, der trotz eines relativ großen Ensembles recht zielgerichtet auf seinen Showdown zuläuft. Das Problem ist seine unglaubliche Kälte. Ohne eine einzige halbwegs sympathische Figur ist es schwierig, eine emotionale Beziehung zu der Geschichte aufzubauen. Es geht nicht darum, einen Helden mit Heiligenschein zu etablieren. Nein, es geht um jenes emotionale Momentum, das den Zuschauer packt, ihn mitfiebern lässt. Chris mag zwar im Rahmen der Story das perfekte Opfer darstellen, weil er der Neue ist, zu dem aus dem Team niemand eine persönliche Beziehung pflegt. Doch Regisseur John Hillcoat hat keine Idee, wie sich Chris zu einer Sympathiefigur aufbauen lässt, die so etwas wie eine innere Erregung beim Zuschauer auslöst.
Gerade das Spannungskino lebt von Emotionen. Wenn John McLane alleine gegen eine Terroristenarmee in einem Hochhaus kämpft, dann fiebern wir mit ihm, weil wir, die Zuschauer, die Welt aus Johns Augen sehen. Da ist der aufrechte Polizist, der seine Frau retten will, die Mutter seiner Kinder. Und da ist ein Feind, der keinen Respekt vor Menschenleben hat. STIRB LANGSAM ist ein Film, der auf der Klaviatur des emotionalen Actionkinos die ganz große Partitur spielt. TRIPLE 9 erinnert eher an einen Klavierspieler, der einen Rhythmus kreiert, dabei aber die Melodie vergisst.
Chris soll dem Zuschauer zwar als Sympathiefigur verkauft werden, allerdings fällt Regisseur Hillcoat nicht mehr ein, als ihm eine Ehefrau und einen kleinen Sohn zu geben. Die Frau ist aber leider nicht mehr als das typische High-School-Liebchen ohne Persönlichkeit. Da steht sie im Nachthemd, wenn er nach Hause kommt. Bedauert ihn für seine harte Arbeit - und dann bekommt er etwas sexuelle Ablenkung, der arme Mann. Überhaupt hat der Film Probleme mit den weiblichen Figuren. Gil Gadot, die zukünftige WONDER WOMAN, hat eine kleine Rolle. Als eher dummes Braunhärchen hat sie allerdings auch nicht viel mehr zu tun als hübsch auszusehen. Selbst Kate Winslet stellt letztlich nur eine Mafia-Chefin dar, die den Platz für den im Gefängnis sitzenden Mann warmhält.
In Sachen Emotionalität, da versagt TRIPLE 9 auf ganzer Linie. Und sein Frauenbild ist direkt als ärgerlich zu bezeichnen. Dass er dennoch anschaubar ist, ist dem straffen Spannungsbogen und der hervorragend inszenierten Action zu verdanken.

BILD

Triple 9

Der Transfer ist nicht ganz unproblematisch. Auf der einen Seite fehlt TRIPLE 9 jeglicher Digitallook. Ob Regisseur Hillcoat auf Film gedreht hat, ist zwar eher unwahrscheinlich, in der Nachbearbeitung aber hat TRIPLE 9 einen anständigen, klassischen Kinolook erhalten. Ohne Überschärfen, mit oft etwas verwaschen wirkenden Farben. Was so und nicht anders gewollt ist und zu den oft heruntergekommenen wirkenden Spielorten des Filmes perfekt passt. Allerdings ist der Transfer in den Nachtszenen nur bedingt gelungen, denn in der Schwärze der Nacht - kommt es immer wieder zu leicht grieselig wirkenden Schwarzwerten auf dem Bildschirm. Statt ein durchgängiges Schwarz zu kreieren, wirkt das Bild in diesen Szenen oft etwas unruhig.

TON

Triple 9

Der Ton kommt sehr natürlich und klar abgemischt aus den Boxen. Die Schießereien wirken nie krachend, das gesamte Tonarrangement ist sehr zurückhaltendund stets auf den Punkt hin direkt komponiert.
Dazwischen flechtet sich die oft aggressive Musik ebenfalls auf allen Kanälen sehr gut ein, ohne wichtige Dialoge zu überlappen. Dennoch gibt es etwas an dem Ton auszusetzen, was nichts mit seiner technischen Umsetzung zu tun hat, was aber an dieser Stelle einfach "raus muss": Wer zur Hölle hat Hauptdarsteller Casey Affleck eigentlich ein Kaugummi in den Mund gesteckt? Wie eine wiederkäuende Kuh kaut Bens kleiner Bruder über die gesamte Spielzeit auf diesem Ding herum. Der coole Bulle mit dem Kaugummi. Also bitte, das ist so 1972. Und kein Scherz: Es gibt keine Szene ohne. Selbst wenn sein Filmweib ihre sexuellen Dienste anbietet, hat er das Scheißding in seinem Mund!
Dieses ewige Kauen und Kauen und Kauen... Es kommt der Moment, in dem man seinen Kollegen wünscht, ihr Plan möge aufgehen und Chris möge sich bitte eine Kugel einfangen. Damit dieses Gekaue endlich aufhört. Womit wir beim Ton wären. Wegen dieses Mistdings ist Casey Affleck in der amerikanischsprachigen Originalfassung schlicht nicht zu verstehen. Zuminest nicht ohne abgeschlossenes Amerikanistikstudium inklusive Studienaufenthalt irgendwo im tiefsten Texas.
Immerhin hat dieses Gekaue beim Rezensenten eine echte Emotion erzeugt. Puren Hass. Nur leider auf die vollkommen falsche Filmfigur, denn eigentlich ist Chris ja die Figur, auf die sich das falsche Spiel seiner Kollegen konzentriert, also so etwas wie der Held...

EXTRAS

Da bietet der Film leider weniger als er auf dem ersten Blick verspricht. Drei Extras sind vorzufinden. Das klingt erst einmal gut. Dazu gehören zunächst einmal die Deleted Scenes, die allerdings keine Szenen beinhalten, die im Film gefehlt hätten.
Es folgt ein Making of - das allerdings nicht einmal drei Minuten dauert. Und auch die folgenden Schauspielerinterviews sind nicht einmal alle zusammen drei Minuten lang.

FAZIT

Für die Action gibt es ein Sternchen, seine emotionale Kälte aber macht es dem Zuschauer aber fast unmöglich, eine Bindung zum Film aufzubauen, der auf einer durchschnittlichen DVD angeboten wird.



Christian Lukas