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REVIEWS



Dallas Buyers Club   

Dallas Buyers Club
    
Original: Dallas Buyers Club   (USA, 2013)
Laufzeit: ca. 112 min
Studio: Ascot Elite HE
Regie: Jean-Marc Valleé
Darsteller: Matthew McConaughey, Jennifer Garner, Jared Leto
Format: 1:2,35
Ton: DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Interviews, Making of
Preis: ca. 12 Euro
Wertung: 2-/2-/2- (Bild/Ton/Extras)


"Die AIDS-Hysterie und ein ambivalenter Held"

Die AIDS-Hysterie der 1980er Jahre ist bereits mehrfach filmisch thematisiert worden. Der bekannteste Film dürfte "Philadelphia" sein. In "Philadelphia" sind die Fronten klar: Auf der einen Seite steht der erkrankte Anwalt, der von seinen eigenen Leuten gemobbt und gekündigt wird, auf der anderen Seite seine (ehemalige) Kanzlei, die den Kranken ausgrenzt.
Die Welt des „Dallas Buyers Club” ist weniger klar umrissen, was nicht zuletzt an der Hauptfigur des Filmes liegt. Ron Woodroof heißt der Mann, der als ziemlicher Macho dargestellt wird. Vor allem ist er nicht schwul, gehört nicht dem typischen AIDS-Umfeld an. AIDS? Das kriegen keine normalen Menschen, hallte es in den 80ern gerne aus konservativen Zirkeln in den USA. Meist vermischt mit dem Hinweis, dass AIDS eine Strafe Gottes sei. Woodroof aber ist im Grunde seines Herzens homophob. Dennoch ist er mit dem HIV-Virus infiziert. Nach einem Arbeitsunfall wird der Virus diagnostiziert. Seine Lebenserwartung: 30 Tage.
Der Elektriker will sich mit dieser Diagnose nicht abfinden. Er geht über die Grenze nach Mexiko und findet ein – hoch gefährliches – Medikament. Das ist in den USA nicht zugelassen, obwohl es den Betroffenen, die eh nichts mehr zu verlieren haben, das Leiden lindert (nicht vergessen: wir haben 1985, so etwas wie Medikamente, die die Krankheit stabilisieren und den Betroffenen ein mehr oder minder normales Leben ermöglichen, sind noch Utopie).
Woodroof beginnt die Medikamente dennoch in die USA zu schmuggeln. Nicht, weil er sein Herz für die Kranken entdeckt hätte – er muss Geld verdienen – und niemand stellt einen HIV-positiv getesteten Kranken ein! Der Schmuggel finanziert fortan sein Leben. Behilflich ist ihm dabei eine Gesetzeslücke, die es Erkrankten erlaubt, Medikamente für den Eigenbedarf sehr wohl nutzen zu dürfen, selbst wenn die illegal eingeführt sind. Um diese halblegal erwerben zu können, müssen sich die Betroffenen in einem Verein organisieren. Was in Form des Dallas Buyers Club geschieht.
Es ist das Gesetz des Hollywood-Dramas, dass Woodroof sich im Laufe der Zeit zum Guten verändert. Rayon heißt der Mann, der dafür die Verantwortung trägt. Rayon ist im Herzen eine Frau, ein Mensch, zwischen den Geschlechtern, in Woodroofs klarer Welt keiner Schublade zuzuordnen. Woodroofs erreicht über Rayon die Kranken der Stadt.
Und dann ist da noch die Ärztin Eve, der die Behandlung von Erkrankten mit alternativen Medikamenten verboten wird – und die sich doch nicht davon abhalten lässt. Nicht zuletzt aufgrund Woodroofs Konstitution. Er lebt mit der Krankheit – viel, viel länger als die diagnostizierten 30 Tage.
Der "Dallas Buyers Club" wirft einen Blick auf die Hysterie der 1980er Jahre, er hinterfragt aber auch, warum Gesetze über den Wünschen von Menschen stehen. Die Menschen, um die es in diesem Film geht – hatten 1985 schlichtweg nichts mehr zu verlieren. Sie waren zum Tode verurteilt. Warum es da eines juristisch höchst fragwürdigen Tricks bedurfte, um ihnen zumindest ein wenig Hoffnung zu schenken... Der Zuschauer muss sich selbst diese Frage beantworten, der Film stellt Fragen, doch die Schlüsse, die daraus zu ziehen sind, überlässt er denen, die ihn schauen – und dabei ein irres Spiel Matthew McConaughey erleben dürfen. Weder bemüht er sich, die Hauptfigur sonderlich sympathisch erscheinen zu lassen (was sie um so menschlicher wirken lässt), noch hat er Rücksicht auf seine eigene Gesundheit genommen und sich in einer Art und Weise auf ein Gewicht heruntergehungert... Es schmerz förmlich, ihn am Ende des Filmes spielen zu sehen, abgemagert bis auf die Knochen. Den Oscar, den er für die Hauptrolle erhalten hat, hat er verdient. Aber auch Jared Leto weiß als Rayon zu überzeugen.
Ein Film für einen flauschigen Chips-Abend ist "Dallas Buyers Club" nicht. Er ist aber auch kein glattgebügeltes Hollywood-Drama. Dafür ist Woodroof zu ambivalent in seinem Handeln, in seinen Gedanken. Es ist aber auch kein Film, der einen „runterzieht“. Obschon es den gesamten Film über um den Tod geht, ist er doch – gerade zum Ende hin – äußerst lebensbejahend.

BILD

Dallas Buyers Club

Der "Dallas Buyers Clubs" ist trotz der Stars ein kleiner Film mit kleinem Budget, was ihm auch anzusehen ist. Auf dem Niveau einer besseren TV-Produktion bewegt sich das Bild. Das soll bitte nicht negativ verstanden werden, der Transfer ist einwandfrei, aber es ist nun auch nicht so, dass die Techniker hier eine Meisterarbeit hätten abliefern müssen. Dafür ist der Film zu sehr "standard". Das ist okay, wer das große Getümmel will, muss da wohl eher zum "Hobbit" greifen...

TON

Dallas Buyers Club

Was für den Transfer des Bildes gilt, gilt erst recht für den Sound. In diesem Film wird relativ viel geredet. Auch hier gilt: Wer seine Protzboxen mal so richtig wichtig erscheinen lassen will, muss zu einem anderen Film greifen. Zur Vorführung toller Soundeffekte ist der "Dallaas Buyers Club" nicht wirklich geeignet...


EXTRAS

Na, da hätte es aber sicher einen Hinweis auf den realen Ron Woodroof geben können, der so im Film selbst nicht thematisiert wird. Also, es gibt ein Featurette, Interviews, einen AIDS-Hilfe-Spot, eine anständige Zusammenstellung von Extras. Nur dieser eine, kleine Hinweis...
Auch Filme, die sich dem Leben realer Personen widmen, sind immer auch eine Phantasie. Sie mögen sich den realen Geschehnissen, den tatsächlichen Personen so weit nähern, wie dies möglich ist. Aber eine 1:1-Darstellung der Realität erreichen sie nie. Es gibt immer Unschärfen, es gibt immer dramaturgische Notwendigkeiten, die die Realität - nennen wir es einmal - beugen müssen.
In diesem Fall sieht die "Unschärfe" so aus, dass der Film Ron Woodroof als ziemlichen Chauvi darstellt, der gerne mal kokst, der den Alkohol liebt, der keine Frau kommentarlos an sich vorüberziehen lassen kann. So wirklich sympathisch ist er nicht. Ihn so darzustellen ist aber dramaturgisch durchaus notwendig, denn schließlich geht es in einem Film auch immer um einen dramaturgischen Prozess. Menschen verändern sich. So auch Woodroof. Er mag sich nicht zum Helden in glänzender Rüstung eignen, aber dass der Ron Woodroof des Filmenendes nicht mehr der Ron Woodroof des Anfangs ist - sollte nun keine allzu große Überraschung darstellten. Es überrascht eher, dass Rayon und Eve fiktive Charaktere sind. Was sich aber erklären lässt: Sie sind die Summe verschiedener Menschen, die Woodroof nahe standen, die ihn kannten, die ihn verändert haben. Sie sind vielleicht nicht real, aber durchaus wahrhaftig.

Allerdings sagen Menschen, die den echten Woodroof gekannt haben, dass sein Macho-Gehabe nicht nur, aber auch eine Fassade darstellte, hinter der er ein Geheimnis verbarg: Woodroof, Frauenheld und Machoman, war demnach auch bisexuell. Ob dies tatsächlich der Wahrheit entspricht, ist schwer nachzuprüfen, Tatsache ist wohl, dass sich diese Behauptung auch nicht widerlegen lässt. Hier wäre ein entsprechender Hinweis in den Extras durchaus wünschenwert gewesen.

FAZIT

"Dallas Buyers Club" ist ein fesselnd gespieltes, bewegendes Hollywood-Drama mit einem faszinerendem Hauptdarsteller, der bis zur Selbstaufgabe seine Rolle mit Leben füllt. Ansehenswert!



Christian Lukas